Knochenrheuma beim Kind
Ein langer Weg zur richtigen Diagnose und fehlende Studien erschweren die Therapie junger Rheumapatienten. Bei Kindern und Jugendlichen sind vor allem die langen Röhrenknochen der Beine betroffen.
Das Kind klagt über Knochenschmerzen und nimmt eine Schonhaltung ein, doch die Untersuchung beim Arzt bringt keine Diagnose – auch weil die für rheumatische Erkrankungen typischen Befunde einer Gelenkentzündung meist ausbleiben. Die Chronisch Nichtbakterielle Osteomyelitis (CNO), das umgangssprachliche Knochenrheuma, kommt vor allem bei Kindern und Jugendlichen vor, kaum bei Erwachsenen. Über die seltene Erkrankung CNO ist immer noch wenig bekannt.
Rheumatische Erkrankungen bei Kindern sind, im Vergleich zu erkrankten Erwachsenen, selten – dabei ist das Knochenrheuma noch seltener als das Gelenkrheuma. Belastbare Zahlen über die Häufigkeit ihres Auftretens liegen nicht vor. Inzidenzen für die CNO werden mit etwa 0,4 auf 100.000 Kinder und Jugendliche angegeben. „Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass die Erkrankung bei Kindern häufig übersehen wird, auch weil junge Menschen meist so unspezifische Symptome haben“ sagt Dr. med. Annette Holl-Wieden, Leiterin des klinischen Bereichs Kinder-Rheumatologie und Osteologie an der Universitäts-Kinderklinik Würzburg.
Bei Kindern und Jugendlichen sind vor allem die langen Röhrenknochen der Beine betroffen. Entzündliche Veränderungen können jedoch an jeder Stelle des Skelettes auftreten. Selten haben die Kinder noch eine andere entzündliche Erkrankung wie etwa Schuppenflechte, schwere Akne, Gelenkrheuma oder einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung.
Während die körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen und Röntgenaufnahmen zumeist nicht helfen, die Ursache für die Beschwerden des Kindes zu finden, kann ein MRT entzündliche Knochenveränderungen deutlich zeigen. Da die CNO häufig an mehreren, oft nicht schmerzenden, Stellen im Körper auftritt, ist das Ganzkörper-MRT sinnvoll. Oft sind noch Gewebeuntersuchungen auffälliger Stellen notwendig, um bösartige Tumorerkrankungen oder bakterielle Infektionen auszuschließen.
„In der Praxis treffen wir häufig auf Patienteninnen und Patienten, die einen lange Suche nach der Ursache für ihre Beschwerden hinter sich haben, ehe sie in der Kinder- und Jugendrheumatologie eine Diagnose und die entsprechende Behandlung erhalten. Im schlimmsten Fall sind bereits irreversible Schäden eingetreten – beispielsweise können als Folge einer Entzündung an Wirbelkörpern, Frakturen mit schweren Folgen wie Fehlstellungen und neurologischen Defiziten auftreten“, so Holl-Wieden. Daher plädiert die Expertin dafür, Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen – bei unentdeckten Erkrankungen sei sonst ein jahrelanger Leidensweg vorprogrammiert. Insbesondere gelte es, Kinderärzte noch besser für die Erkrankung zu sensibilisieren. Viel zu oft werde, wenn Kinder Schmerzen am Bewegungsapparat haben, an harmlose Ursachen, wie belastungsbedingte Beschwerden oder Wachstumsschmerzen gedacht. Auch würden Kinder oft aufgrund einer falschen Diagnose unnötig behandelt werden. „So sehen wir beispielsweise immer wieder Kinder mit CNO im Unterkiefer, die aufgrund des Verdachts auf eine bakterielle Infektion der Zähne wochenlang Antibiotika bekommen“ so Holl-Wieden.
Ist die Diagnose gestellt, kann eine ganzheitliche Therapie mit Medikamenten, Krankengymnastik und psychosozialer Betreuung erfolgen. „Letzteres ist besonders bei jungen, sich in der Entwicklung befindlichen Betroffenen wichtig. Sie benötigen im Umgang mit schweren Erkrankungen besondere Unterstützung“ sagt die Expertin. Die medikamentöse Behandlung erfolgt mit nichtsteroidalen Antirheumatika, in schwereren Fällen auch mit Sulfasalazin, MTX, TNF- Blockern oder Bisphosphonaten. Da größere Studien fehlen, gibt es wenig Evidenz für die Behandlung. Sie basiert daher auf den Erfahrungen von Kinderrheumatologinnen und -rheumatologen und Daten aus kleinen Fallserien.
Bestehende nationale und internationale Behandlungsempfehlungen dienen der Harmonisierung und langfristig der Optimierung der Therapie. „Die in den Behandlungsempfehlungen vorgeschlagenen Medikamente sind jedoch nicht für die Behandlung der CNO zugelassen“, führt Holl-Wieden weiter aus. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte müssten aufwendige Anträge bei den Krankenkassen stellen, um eine optimale Therapie zu gewährleisten. Mit dem Kongressschwerpunkt „Sterile Knochenentzündungen“ sollen daher Impulse für Wissenschaft und Gesundheitssystem gesetzt werden, diese Schwierigkeiten zu beheben, so die Expertin.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
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